Vertreibung aus dem kleinen Paradies

Text: Monika Zech, Fotos: zVg

Dem Bau des Rheintunnels fallen in Birsfelden mehr als 150 Familiengärten zum Opfer. Damit wird eine über Jahrzehnte entstandene Artenvielfalt vernichtet.

Der Präsident des Verbands Schweizer Familiengärten (SFGV), Otmar Halfmann, sagt es deutlich: «Unsere Gartenareale sind bedroht.» Wegen unterschiedlicher Vorhaben, hauptsächlich wegen Bauprojekten, gingen in den nächsten Jahren diverse Gartenanlagen in der Schweiz verloren. «Dabei ist die Nachfrage nach einem Garten wieder sehr gestiegen, rund 5000 Menschen warten derzeit auf eine Parzelle.» Das Bedürfnis, sich ein eigenes kleines Naturparadies zu schaffen, ist logischerweise in den Städten und der Agglomeration besonders gross – dort, wo man eng beisammen wohnt und Grünflächen rar sind.

Das gilt auch für die Region Basel, wo der vom Bund geplante Rheintunnel viel Grünfläche zerstören wird. Von den langfristigen Auswirkungen des massiven Ausbaus zugunsten des Autoverkehrs ganz zu schweigen. Besonders stark durch diesen unsinnigen Strassenausbau in Mitleidenschaft gezogen, wird die Bevölkerung Birsfeldens. Zehn lange Jahre lang soll sie die Auswirkungen dieser Grossbaustelle ertragen müssen: Lärm und Dreck durch Schwerverkehr und Baumaschinen. Darüber hinaus gehen mehr als 150 Familiengärten unwiederbringlich verloren. Die meisten (110) auf dem Scheuerrain, wo die Tunnelbohrmaschine sowie weitere Geräte aufgebaut werden sollen.

Wichtiger Beitrag zur Begrünung

Geopfert werden Naturoasen mit einer «hohen Artenvielfalt», wie SFGV-Präsident Halfmann sagt. Denn: «Die Gartenareale sind eine Art Mosaik aus kleinen grünen, unterschiedlich bepflanzten Inseln. Und in diesem über Jahrzehnte gewachsenen ‹Chaos› entstand eine unvergleichlich hohe Biodiversität, wie sie in einem wohlgeplanten Park kaum zu finden ist.» Deshalb leisteten die Gartenareale einen wichtigen Beitrag zur notwendigen Begrünung der Städte und Ballungszentren. Umso unverständlicher ist für Halfmann, dass man diese grünen Inseln so leichtfertig zu opfern bereit ist.

Die Gefühlslage der Pächterinnen und Pächter der Gärten, die dem Bau weichen müssen, fasst Angie Meier so zusammen: «Sie sind total frustriert.» Meier ist Präsidentin des Familiengartenvereins Birsfelden, der unter anderem das Areal auf dem Scheuerrain verwaltet. Die Leute fühlten sich von den Behörden im Stich gelassen, niemand ausser dem Verein scheine nachvollziehen zu können, was die Gärten für sie bedeute, sagt sie. «Manche von ihnen gärtnern schon in  der dritten, vierten Generation, können sich ein Leben ohne ihren Garten nicht vorstellen.»

Wartelisten für Gärten sind lang

Die Hoffnung, an einem anderen Standort wieder einen zu bekommen, ist klein. Zum einen sind die Gartenareale nicht gesetzlich geschützt. Die Verpflichtung, ein wegfallendes Gartenareal durch einen gleichwertigen Ersatz zu kompensieren, gibt es schweizweit einzig im Kanton Basel-Stadt. Zum anderen ist vor allem die Frage nach dem Wo? Denn schon bei dem aktuellen Bestand gibt es laut Angie Meier eine lange Warteliste in Birsfelden: «Mindestens dreissig Leute warten sehnlichst auf einen Garten.» Aber einen auf dem Scheuerrain, wo sie nicht wissen, wie lange es geht, bis die Baumaschinen auffahren, möchte niemand. «Wer will schon in einen Garten investieren, wenn er ihn nur kurze Zeit haben darf?», so die rhetorische Frage von Angie Meier.

Es gibt nur eine Antwort: Dieser Rheintunnel muss verhindert werden! Das Referendum gegen den Autobahn-Wahn ist ein Anfang!

2 Antworten

  1. Dieser Rheintunnel darf nicht gebaut werden! Wo sind die Politikerinnen und Politiker, die uns unterstützen? Diese Leute wurden von uns gewählt.

  2. Avatar von Dr. Christoph Basse
    Dr. Christoph Basse

    So wie ich es verstehe, kann über das Rheintunnelprojekt nur im Rahmen der bundesweiten Abstimmung zu den Nationalstrassen abgestimmt werden. Das finde ich schade, da dieses Projekt doch vorwiegend die Region betrifft und auch belastet. Ferner scheint mir dieses Projekt auch nicht wirklich in das Gesamtkonzept zu passen, zumal die vorliegende nationale Abstimmung auf rasche Lösungen setzt. Insgesamt denke ich nicht, dass die Verkehrsprobleme, weder regional noch national, durch punktuelle Megaprojekte gelöst werden können. Hier sollten doch einmal die Ursachen der massiven Verkehrszunahme hinterfragt und nach entsprechender Auswertung nach gesamtheitlichen und auch ökologisch vertretbaren Lösungen gesucht werden.

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