«Der Rheintunnel – ein Verhältnisblödsinn»

Text & Foto: Urs Buess

Seit 1960 röstet die Bertschi AG im Birsfelder Hafen Kaffee. Bereits ab 1991 spezialisierte sich die Rösterei darauf, biologisch angebaute Bohnen einzukaufen und den direkten Kontakt zu den lokalen Produzenten in Mittel-, Südamerika, Asien und Afrika zu pflegen. Schon mehr als 30 Jahre trägt die Bertschi AG das Fairtrade-Label. Geschäftsführer Hans-Jürg Reber hält die Pläne für einen neuen Rheintunnel für unzeitgemäss, zu teuer und unverhältnismässig.

«Direkt betroffen ist mein Geschäft zwar nicht», sagt er. «Wir können an unserem Standort im Birsfelder Hafengelände bleiben. Aber indirekt schon: Unsere privaten Kunden werden zu einem grossen Teil ausbleiben, wenn die Zufahrtstrassen aufgerissen und zum Teil gesperrt werden. Ich rechne in diesem Bereich mit einer Umsatzeinbusse von etwa 50 Prozent. Gewiss, die Privatkundschaft macht nur einen kleinen Teil unseres Gesamtumsatzes aus, aber eine Einbusse wird es trotzdem sein. Zudem ist uns der Kontakt zu den Kunden wichtig und der dürfte dann wohl um einiges kleiner werden.

Und für was das Ganze? Für einen Verhältnisblödsinn! Da wird für einige Jahre eine riesige Bauerei und Sauerei entstehen und am Schluss steht dann ein Tunnel da, der gar nichts zu einer Verkehrsentlastung beiträgt. Im Gegenteil: Ein neuer Tunnel zieht nur mehr Verkehr an. Eine zusätzliche Strasse verhindert, sich um ökologischere Transportmöglichkeiten zu kümmern. Da hockt dann jeder ins Auto und denkt, jetzt habe ich wieder freie Fahrt. Aber nach ein paar Monaten hockt er wieder im Stau. So gesehen stehen Investition in den Rheintunnel und Nutzen für die Menschen und die Umwelt in keinem Verhältnis. Sogar, wenn der Verkehr auf der bisherigen Osttangente etwas eingeschränkt wird, bringen die vorgesehenen 2,6 Milliarden Franken keine Reduktion von Abgasen. Das CO2 wird einfach ein paar hundert Meter weiter östlich produziert. Der Umwelt nützt das rein gar nichts. Zudem ist das Budget von 2,6 Milliarden für das Projekt eine höchst optimistische Annahme. Normalerweise liegen die Kosten im Strassenbau und beim Tunnelbau sowieso dann etwa doppelt so hoch, wenn die Schlussabrechnungen vorliegen.

Der grösste Teil des Gewerbes hier im Hafengebiet ist gegen das Projekt. Oder zumindest skeptisch. Aber Widerstand gibt es keinen nennenswerten, obwohl einige ihren bisherigen Standort aufgeben müssen. Fast alle sind an die Informationsveranstaltungen gegangen, haben sich die Argumente der Befürworter angehört und den Kopf geschüttelt. Dann sind sie heimgegangen. Eine organisierte Opposition gibt es nicht. Vielleicht aus Bequemlichkeit. Vielleicht weil man sich nicht für einen Widerstand zu organisieren getraut. Vielleicht weil es die alten, mutigen Chefs nicht mehr gibt. Ich weiss es nicht. Aber den meisten ist klar: Es muss für die Zukunft andere Lösungen geben, als einfach immer neue Strassen zu bauen. Das führt doch nirgends hin. »

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